LAPP
Das Bild zeigt eine Luftaufnahmen von der ESS Konstruktion.
© ESS: Luftbild der ESS Konstruktion

Die ESS im schwedischen Lund wird eine der führenden Einrichtungen für Materialforschung sein. Ihre Aufgabe ist, durch die sogenannte Spallation freie Neutronen für die Forschung zu gewinnen. Die Anlage umfasst einen Linearbeschleuniger, eine Targetstation, eine Anordnung von Neutroneninstrumenten, mehrere Laboratorien sowie ein Daten- und Softwarezentrum, das bei der Universität Kopenhagen in Dänemark angesiedelt ist.

Neutronen sind unscheinbare Bestandteile von Atomkernen. Mit ihrer Hilfe können aus dem Innersten der Materie verschiedenste Informationen herausgeholt werden. Sie erlauben tiefe Einblicke in die innere Struktur und Dynamik von Materie und zerstören dabei nicht die Untersuchungsobjekte. Die ungeladenen Kernteilchen machen Kristallgitter und magnetische Strukturen, aber auch Bewegungen von Teilchen sichtbar und identifizieren verschiedene Isotope eines Elements. Mit den ESS-Neutronen können Materialeigenschaften erforscht werden, die mit anderen Methoden nicht möglich wären. Forschende aus Physik, Chemie, Biologie, Life Science, Energieforschung, Medizin, aber auch Archäologie und Kunstgeschichte werden wichtige Entdeckungen für die Menschheit machen können.

Das Bild zeigt eine Luftaufnahmen von der ESS Konstruktion.
© ESS: Luftbild der ESS Konstruktion

Doch so einfach ist es nicht, die gewünschten Neutronen zu gewinnen. Statt Kernspaltung zu nutzen, wird im ESS das moderne Konzept der Spallation, was so viel wie „Absplitterung“ bedeutet, genutzt. Und das funktioniert so: Eine Ionenquelle wird mit rasch wechselnden elektromagnetischen Feldern voller Wasserstoffgas aufgeheizt, damit sich die Elektronen aus den Gasmolekülen lösen. Zurück bleiben die Protonen. Diese werden in einem sechshundert Meter langen, unterirdischen Linearbeschleuniger mithilfe von weiteren elektromagnetischen Feldern so stark beschleunigt, bis sie mit einer Energie von rund zwei Gigaelektronenvolt nahezu mit Lichtgeschwindigkeit durch den Beschleuniger rasen. In der Targetstation kollidieren die Protonen mit einem rotierenden Target, das aus dem Schwermetall Wolfram besteht. Hier spalten die Protonen Neutronen aus den Kernen der Wolframatome ab, etwa zwanzig bis dreißig Neutronen für jedes Proton. Dies ist die sogenannte Spallation. Sie gilt als wesentlich effizienter als die Kernspaltung.

Die aus dem Wolfram-Target freigesetzten Neutronen sind zunächst noch viel zu schnell und energiereich. Sie müssen von etwa 10 % der Lichtgeschwindigkeit auf etwa die Schallgeschwindigkeit abgebremst werden. Dazu schickt man sie durch Moderatoren, die mit Wasser oder flüssigem Wasserstoff gefüllt sind. Nach dieser quasi „Vollbremsung“ gelangen die freien Neutronen über Beamlines zu den Experimentierplätzen. Hier zeichnen Detektoren auf, wie sich die Neutronen beim Durchgang durch verschiedene Materialproben verändern. Diese Analyse wird mit Hilfe des Daten- und Softwarezentrums in Kopenhagen durchgeführt.

Besonders hoch sind auch die Anforderungen an die benötigten Verbindungslösungen. Hier hat LAPP hat in Zusammenarbeit mit Elektroskandia und Assemblin mit Know-how und innovativen Produkten zu diesem spektakulären Projekt beigetragen. So wurden zur Steuerung und Überwachung im Beschleuniger mehr als 16.000 Signalkabel benötigt. Die Firma Assemblin in Malmö wurde mit der Durchführung der elektrischen Installationen an den Beschleunigerteilen beauftragt.

Auf dem Bild sieht man eine NCL-Verkabelung.
© ESS: NCL-Verkabelung
Auf dem Bild sieht man den MEBT (Medium Energy Beam Transport), eine elementare Beschleunigerkomponente, die von Spanien geliefert wurde.
© ESS: Der MEBT (Medium Energy Beam Transport), eine elementare Beschleunigerkomponente, wurde von Spanien geliefert

LAPP hat sowohl Spezialkabel als auch Standardkabel geliefert. Außerdem wurden spezielle Kabel nach den Anforderungen im Pflichtenheft für ESS gefertigt und getestet. Über den Großhändler Elektroskandia in Malmö wurde bei LAPP vor allem nach feuerfesten und halogenfreien Kabeln für die Anlage nachgefragt. Bei ESS wurden beispielsweise die halogenfreien Steuerleitungen ÖLFLEX® CLASSIC 130 H und ihre geschirmten halogenfreien Varianten ÖLFLEX® CLASSIC 135 CH. installiert. Sie zeichnen sich durch verbessertes Brandverhalten aus. Zum Einsatz kommen aber auch UNITRONIC® LiHH/LiHCH. Dabei handelt es sich um halogenfreie Datenübertragungskabel mit Aderkennzeichnung nach DIN 47100 sowie ihre geschirmte Variante. Darüber hinaus hat LAPP ein kundenspezifisches Produkt mit einem speziellen Isolations- und Mantelmaterial hergestellt, das gegen ionisierende Strahlung, die beim Spallationsprozess entsteht, resistent ist und eine Einzel- und Gesamtabschirmung aus einem Aluminiumband und mit passenden zweiadrigen Leitern versehen ist. „Insgesamt haben wir rund 70 Varianten geliefert“, sagt Mathias Jönsson, regionaler Verkaufsleiter bei LAPP in Schweden. Wenn die Arbeiten abgeschlossen sind, werden schätzungsweise 800.000 Meter Kabel verlegt worden sein.

Der Bau der ESS-Forschungseinrichtung begann 2014. Die gesamte Gebäudefläche beträgt mehr als 13 Fußballfelder. Nach Angaben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in Deutschland soll die Neutronenquelle 2025 im Dauerbetrieb sein. Ein Meilenstein für die Wissenschaft!

Videobild „© ESS: Geführte Videotour durch ESS“

Video: © ESS: Geführte Videotour durch ESS