LAPP
Silvia Lajewski, expert in the field of plastics technology and Research Engineer Compound Technology at LAPP

Die Geschichte von LAPP als Experte für Kabel und Verbindungslösungen beginnt 1957 mit der Erfindung der ersten Leitung mit Adern, die unterschiedlich farbig gekennzeichnet sind. Seitdem haben alle Produkte von LAPP eines gemein: Sie bestehen zu einem Großteil aus Kunststoffen – und das wird sich auch nicht ändern! Denn ein Kabel besteht vereinfacht gesagt immer aus einem elektrischen Leiter, der mit isolierenden Werkstoffen ummantelt ist. Schaut man genauer auf den Aufbau eines Kabels sieht man, dass es dabei nicht bei einer einzigen Ummantelung bleibt: Verschiedene Kupferleiter werden mit jeweils einem Isolierwerkstoff, beispielsweise PVC oder PE, ummantelt, um – wie es der Name verrät – voneinander isoliert zu sein. Je nach Anwendung können zudem ein Innenmantel oder eine Schirmung aus Kupfergeflecht oder Folie nötig sein. Als Schutz der Leitung vor mechanischen Belastungen, chemischen Stoffgemischen sowie Temperatureinflüssen wird anschließend noch ein Außenmantel gefertigt. Dieser besteht je nach Bedarf aus unterschiedlichen Kunststoffen wie PVC, TPU oder TPV. Da jede der Kunststoff-Schichten im Kabel einen ganz bestimmten Zweck erfüllt, muss im Falle eines Umstiegs auf green materials also genau durchdacht werden, ob und wie man dies angeht.

Und hier kommt Silvia Lajewski ins Spiel. Ihr Job bei LAPP ist es, genau in diesem Bereich zu forschen und Lösungen zu entwickeln, um die Verwendung des Werkstoffs bei den LAPP Produkten nachhaltiger zu gestalten. Doch wieso geht LAPP überhaupt diesen Schritt? „Da Kunststoffe einen wesentlichen Bestandteil unserer Produkte ausmachen, ist es unerlässlich, dass wir uns intensiv mit diesem Werkstoff auseinandersetzen.“, erklärt Silvia. „Zudem ist Nachhaltigkeit fest in unserer Unternehmensstrategie verankert, weshalb wir unsere Produkte insgesamt, einschließlich der Kunststoffverwendung, nachhaltiger gestalten möchten“.

Dass das durchaus möglich ist, erklärt Silvia, indem sie zunächst aufdröselt, welche Arten von Kunststoffen es gibt. Die wohl bekannteste Art seien die konventionellen, auf fossilen Ressourcen basierenden Kunststoffe, da sie den Großteil der weltweit hergestellten Kunststoffe ausmachen. So waren es beispielsweise im Jahr 2021 rund 90 %. Eine Alternative zu diesen bieten sogenannte „Biokunststoffe“. „Doch Biokunststoff ist nicht gleich Biokunststoff und bedeutet nicht automatisch, dass er nachhaltig ist“, erklärt Silvia. „Kunststoffe unterscheiden sich nämlich nicht nur in der Art ihrer Gewinnung, sondern auch in ihrer Abbaubarkeit. Es gibt also auch Kunststoffe, die Biokunststoff genannt werden und dennoch auf fossilen Ressourcen basieren, weil sie gut biologisch abbaubar sind.“

Sogenannte „biobasierte“ Kunststoffe seien hingegen die nachhaltige Alternative zu konventionellen Kunststoffen, denn sie zeichne aus, dass deren Rohstoffe pflanzlichen oder tierischen Ursprungs sind und innerhalb von nicht mehr als zwei Wachstumsperioden geerntet werden können.

Einteilung von Kunststoffen

Für LAPP sieht die Expertin die Lösung in biobasierten Kunststoffen, die nicht bioabbaubar sind, denn „in technischen Anwendungen ist generell eine hohe Beständigkeit und damit einhergehend eine lange Nutzungsdauer gewünscht. Es wäre ja alles andere als von Vorteil, wenn die Kabelummantelung beim Einsatz dann rückstandslos zersetzt wird“. Dabei kann es sich um vollständig neuartige Polymere wie Polyethylenfuranoat (PEF) handeln, deren Einsatz und Verarbeitung entsprechend ebenfalls vollständig neu bewertet werden müssen. Es ist jedoch auch möglich, aus biobasierten Grundchemikalien, beispielsweise Bio-Ethanol, chemisch identische Werkstoffe wie die bekannten konventionellen herzustellen. In ihrer Langzeitbeständigkeit unterscheiden sich diese Kunststoffe dabei laut der Expertin nicht von den konventionellen. Sie können durch die Nutzung nachwachsender Ressourcen aber einen geschlossenen CO2-Kreislauf erreichen, wenn man die Produktion und Verarbeitung auch CO2-neutral gestaltet. „Die möglichen Quellen von biobasierten Kunststoffen sind ebenso vielfältig wie ihre Anzahl: Bakterien und Algen, Zucker, Raps, Sonnenblumenöl, aber auch Reststoffe der Agrarindustrie wie Molke können verarbeitet werden“ zählt Silvia beispielhaft auf.

Polymer: Kunststoff oder Plastik?

Der chemische Fachbegriff Polymer bezeichnet hochmolekulare Verbindungen aus Kohlenwasserstoffen, die aus mehreren Tausend bis mehreren Millionen kleiner Wiederholeinheiten (Monomeren) aufgebaut sind. Ein Polymer in Reinform muss mit geeigneten Additiven aufbereitet werden, ein Kunststoff ist daher ein technisch einsetzbarer Werkstoff aus Polymeren und Additiven. Die Begriffe Kunststoff und Plastik sind synonym, im deutschen Sprachgebrauch wird der mit einem negativen Image behaftete Begriff „Plastik“ von Fachleuten vermieden.

Diese Vielfalt ermögliche es, maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln, die den Anforderungen und Zielen des nachhaltigen Kunststoffeinsatzes entsprechen. Der Markt für biobasierte Kunststoffe stecke zwar noch in den Kinderschuhen, doch Silvia Lajewski betont, dass sich dies ändern könne.“ Besonders der Einsatz von Agrarreststoffen als Rohstoffe für biobasierte Kunststoffe wird aktuell intensiv erforscht, um die Verfügbarkeit dieser Materialien zu gewährleisten“, erklärt sie. Sich auf diese Bezugsquelle zu fokussieren, ergäbe auch deshalb Sinn, weil sie sicherstellt, dass es nicht an anderen Stellen, beispielsweise der Ernährung von Menschen und Tieren, zu Ressourcenmangel kommt.

LAPP hat genau diesen Ansatz bereits verfolgt und erste Erfolge erzielt. Silvia berichtet stolz über das ETHERLINE® FD P Cat.5a für Industrial Ethernet, das als erstes Serienprodukt aus einem biobasierten Compound im Portfolio des Unternehmens präsentiert wird. Dieses Bio-Polymer auf Maisbasis behält die gleichen Eigenschaften wie die TPU-Variante aus fossilen Rohstoffen bei.

Aktuell testet LAPP auch den Einsatz von Recyclingmaterialien, sogenanntem rPlastic, als Isolations- und Ummantelungsmaterial für Kabel. Die Prototypen werden auf ihre kabelspezifischen mechanischen, chemischen und elektrischen Eigenschaften getestet und könnten in Zukunft den CO2-Fußabdruck der Produkte erheblich reduzieren.

Silvia schließt das Gespräch optimistisch ab: „Wir bei LAPP sind stolz darauf, an der Spitze der nachhaltigen Innovationen zu stehen. Unsere Forschung und Entwicklung in Richtung umweltfreundlicher Kunststoffe zeigt, dass die Zukunft grüner und nachhaltiger gestaltet werden kann. Wir laden alle Interessierten ein, sich mit uns über diese bahnbrechenden Entwicklungen auszutauschen und gemeinsam an einer nachhaltigen Zukunft zu arbeiten.“

In diesem Sinne ruft Silvia Unternehmen dazu auf, den Weg zu nachhaltigen Kunststofflösungen als Teil des Weges zur Klimaneutralität und somit als eine gemeinsame Anstrengung anzusehen. Eine Transformation, die nicht nur die Produkte, sondern auch die Art und Weise, wie wir Kunststoffe betrachten, verändern wird.