
Wer zu Hause im Internet surft oder Serien streamt, nutzt immer häufiger Glasfaser. Die Daten werden dabei als Lichtimpulse über Lichtwellenleiter übertragen – in immer mehr Haushalten sogar bis zum Router in der Wohnung. In Produktionsanlagen sieht das anders aus: Die Distanzen sind kürzer, und die zu übertragende Datenmenge oft geringer. Hier dominieren Industrial-Ethernet-Leitungen, die Datensignale als elektrische Impulse über abgeschirmte Kupferadern übermitteln. Doch die Anforderungen an die Übertragungsrate steigen stetig, weshalb Lichtwellenleiter zunehmend in Produktionsanlagen zum Einsatz kommen. „Das eine ist nicht grundsätzlich besser oder schlechter als das andere“, betont Kay Niemann, Produktmanager für Lichtwellenleiter bei LAPP. „Es kommt immer auf die individuelle Anwendung an.“
Entscheidungshilfe für jeden Anwendungsfall
Die folgenden sechs Eigenschaften helfen dabei, die passende Leitungstechnologie für den konkreten Anwendungsfall zu bestimmen und die passende Entscheidung zwischen Lichtwellenleitern und elektrischen Datenleitungen zu treffen.
- Übertragungsrate
Wo große Datenmengen übertragen werden müssen, ist Licht das bevorzugte Medium. In der Vernetzung von Bürogebäuden oder Produktionsstätten erreichen Lichtwellenleiter Übertragungsraten von bis zu 40 Gigabit pro Sekunde. Der aktuelle Weltrekord mit einer Leitung aus 19 Fasern liegt sogar bei einem Petabit pro Sekunde – das entspricht einer Million Gigabit pro Sekunde. Trotz dieser hohen Leistungsfähigkeit sollten Planer:innen prüfen, ob diese Geschwindigkeiten tatsächlich benötigt werden. Selbst in der optischen Qualitätssicherung, wo mehrere hochauflösende Videostreams gleichzeitig über eine Leitung übertragen werden, genügen meist wenige Gigabit pro Sekunde. Zugleich entwickelt sich die kupferbasierte Ethernet-Technologie weiter: Leitungen nach dem Cat.7-Standard erreichen 10 Gbit/s und Cat.8-Leitungen sogar 40 Gbit/s. Damit sind sie über kurze Strecken genauso leistungsfähig wie Lichtwellenleiter. „Und die Entwicklung ist noch nicht zu Ende“, verspricht Christian Illenseer, Produktmanager für Industrial Communication bei LAPP. - Distanz
Bei der Distanz zeigt sich der wohl größte Unterschied zwischen den beiden Technologien. Die maximale Länge einer Ethernet-Leitung beträgt 100 Meter, da elektrische Signale über größere Distanzen hinweg zu stark gedämpft werden und Datenverluste auftreten können. Für viele Anwendungen im industriellen Umfeld, etwa zur Kommunikation zwischen Maschinen, reicht das aus. Geht es jedoch um hohe Übertragungsraten wie bei Cat.8-Leitungen, stoßen diese bereits bei einer Länge von 40 Metern an ihre Grenzen. Wenn also größere Distanzen zu überbrücken und hohe Datenübertragsungsraten notwendig sind, etwa zur Vernetzung großer Chemieanlagen oder eines Campus mit mehreren Gebäuden, sind Lichtwellenleiter die einzige Option. Je nach Ausführung und Datenrate überbrücken sie reibungslos Distanzen von 500 Metern bis zu 40 Kilometern. Noch größere Distanzen lassen sich mit Repeatern realisieren, die das Lichtsignal verstärken. - Elektromagnetische Verträglichkeit
Licht wird von elektromagnetischen Feldern nicht beeinflusst und sendet selbst keine Störsignale aus – ein wesentlicher Vorteil für Lichtwellenleiter bei EMV-kritischen Anwendungen. In der Nähe von Transformatoren, Hochspannungseinrichtungen oder Maschinen, die starke Störimpulse erzeugen, bieten sie eine sichere und zuverlässige Lösung. Auch Ethernet-Leitungen eignen sich in solchen Umgebungen, erfordern jedoch eine sorgfältige Installation, um eine optimale Abschirmung zu gewährleisten. - Energieversorgung
In der industriellen Umgebung benötigen manche Endgeräte, wie Kameras oder Access-Points, eine eigene Energieversorgung. Ein zusätzliches Kabel erhöht jedoch den Installationsaufwand sowie die Fehleranfälligkeit – und auch Batterielösungen eignen sich eher für kleine Geräte mit minimalem Energieverbrauch wie Sensoren. Eine bewährte Alternative stellt Power over Ethernet (PoE) dar: Dabei überträgt die Ethernet-Leitung nicht nur Daten, sondern auch elektrische Energie mit bis zu 71 Watt Leistung bei vierpaarigen Leitungen. Das deckt den Bedarf der meisten Anwendungen in der Fertigung ab. Lichtwellenleiter hingegen bieten diese Möglichkeit nicht und erfordern stets eine separate Energieleitung. - Bewegte Anwendungen
Sowohl Lichtleiter als auch Kupferleitungen zeigen bei fester Verlegung eine hohe mechanische Belastbarkeit. Auch für bewegte Anwendungen eignen sich beide Technologien, vorausgesetzt die Biegeradien werden eingehalten und die Zugentlastungen berücksichtigt. Die verbreitete Annahme, dass Lichtwellenleiter bruchanfällig seien, ist folglich unbegründet. Ob der Lichtleiter aus Kunststoff oder Glas besteht, spielt eine untergeordnete Rolle – beide Materialien sind biegsam und für bewegte Einsätze geeignet. - Verarbeitung
Ein weiteres gängiges Vorurteil lautet: Die Montage von Faserleitungen sei komplexer als bei Kupferleitungen. Tatsächlich kann das Licht nur dann verlustfrei durch die Faser laufen, wenn der Übergang im Steckverbinder exakt ausgerichtet ist. Schon die kleinste Luftspalte kann das Licht streuen und die Übertragungsqualität beeinträchtigen. Bei der Verbindung ist also höchste Präzision gefragt. Mit den innovativen Steckverbindungen EPIC@ DATA FIBER FAST CONNECT (FFC) bietet LAPP eine vorkonfektionierte Lösung, die den Anschluss von Faserleitungen erheblich vereinfacht.
Im Inneren dieser vorkonfektionierten Steckverbinder befindet sich bereits ein kurzes, vorgelagertes Faserstück. Nach dem Schnitt der Faser auf die gewünschte Länge können Monteur:innen die abgelängte Glasfaser einfach in die Öffnung führen und gegen das vorbereitete Faserstück im Steckverbinder schieben. Da die Oberfläche nach dem Schnitt selten vollständig glatt ist, entsteht eine kleine Lücke zwischen den beiden Faserenden. Um Lichtverluste zu vermeiden, ist am Faserende im Steckverbinder ein spezielles Material angebracht. Es sitzt fest auf dem vorbereiteten Faserstück im Steckverbinder und sorgt für eine sichere, verlustfreie Lichtübertragung.
Der Einsatz von FFC Steckverbinder bietet Anwender:innen höchste Flexibilität. Die Montage ist unkompliziert und erfordert weder spezielle Fachkenntnisse noch ein eigenes Spleißgerät. Das spart Zeit und senkt die Kosten. Steckverbinder und Leitungen lassen sich auf Vorrat halten, sodass neue Verbindungen mit Lichtwellenleitern bei Bedarf schnell verlegt oder unkompliziert ausgetauscht werden können – etwa bei Wartungsarbeiten oder nach einem Ausfall. So bleibt das System auch in Ausnahmesituationen einsatzbereit.


Leitungen folgen den aktiven Komponenten
Die Entscheidung zwischen faseroptischen und kupferbasierten Leitungen lässt sich nicht pauschal treffen, denn beide Technologien bieten je nach Einsatzgebiet spezifische Vorteile. Ohnehin werde die Architektur der Vernetzung nicht vorrangig anhand der Eigenschaften der Leitungen entschieden, erklärt Christian Illenseer: „Die Planung beginnt immer bei den aktiven Komponenten – also den Geräten, die vernetzt werden sollen. Die Auswahl der passenden Leitungen folgt dann diesem Bedarf.“ LAPP unterstützt in diesem Prozess bei der Auswahl der passenden Produkte, die zu den individuellen Anforderungen passen – sei es hinsichtlich Ölbeständigkeit oder Flexibilität.
Eine strikte Entweder-oder-Entscheidung sei in den seltensten Fällen nötig, betont Kay Niemann: „Gateways und Switches verfügen mittlerweile sowohl über optische als auch über elektrische Anschlüsse. So lassen sich die Vorteile kombinieren: optische Glasfaserleitungen für große Distanzen im Backbone und elektrische Kupferleitungen für die Kommunikation zu den Maschinen und Geräten.“ „Und falls doch noch Fragen offenbleiben, stehen wir bei LAPP gerne beratend zur Seite“, fügt Christian Illenseer hinzu.