Weltweit sind Roboter, Werkzeugmaschinen, Anlagen für die Halbleiter- oder die Lebensmittelindustrie sehr begehrt. Das erfordert jede Menge Kabel und Steckverbinder! Japan ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. Für LAPP ist es daher selbstverständlich in diesem lukrativen Markt mitzumischen. Schon seit Jahrzehnten ist der Weltmarktführer für integrierte Kabel- und Verbindungssysteme im Land der aufgehenden Sonne vertreten – seit 2015 sogar mit einer eigenen Landesgesellschaft: LAPP Japan.
Fachkräfte sind Mangelware
Der Marktanteil von LAPP ist derzeit allerdings noch gering. Die Gründe kennen europäische Unternehmen, die in Japan Fuß fassen möchten, nur zu gut. Zum einen basieren viele Geschäfte hier auf Vertrauen. Dieses muss erstmal über langjährige, persönliche Beziehungen aufgebaut werden. Zum anderen sprechen viele Japaner nicht gut Englisch und entscheiden sich daher von vornherein für einen inländischen Arbeitgeber. „Normale Menschen kommen nicht zu LAPP“, schmunzelt Yoshitaka Nishiyama, „weil sie uns nicht kennen und große japanische Unternehmen beliebter sind“. Der Geschäftsführer von LAPP Japan sieht das aber nicht als Nachteil: „Dafür ziehen wir Leute an, die besonders motiviert sind, etwas Neues aufzubauen“.
Ein weiteres Hindernis stellt jedoch auch die Tatsache dar, dass Japan wie kein anderes Land mit Überalterung und Fachkräftemangel zu kämpfen hat. Die größte dieser Herausforderung ist indes das Recruitment. Dies fällt beispielsweise auf, wenn man ein eigenes Lager errichten möchte, das Kunden schneller und günstiger beliefern soll. Mitarbeiter mit Erfahrung in der Lagerhaltung und im Vertrieb sind schwer zu finden. Daher kam es für Nishiyama nicht in Frage, ein Lager komplett in Eigenregie zu betreiben. Stattdessen entschied man sich dafür, das Lager an den Partner 3PL auszulagern. Die Vertriebsspezialisten dort seien kompetent und hoch engagiert, so Nishiyama, und deshalb habe man entschieden, das Lager von LAPP in die Obhut dieses Partners zu geben.
Knackpunkt Transportkosten
Dass LAPP seinen Marktanteil in Japan seit 2015 nicht wesentlich steigern konnte, hat vor allem mit den Kosten zu tun. So wurden die Bestellungen japanischer Kunden früher per Flugzeug aus dem LAPP-Lager in Singapur eingeflogen. Die Kosten für die Luftfracht erhöhen den Einkaufspreis um mindestens 400 Prozent. Kein Wunder also, dass Produkte von LAPP in Japan den Ruf haben, sehr teuer zu sein. Mit dem eigenen Lager, das 3PL für LAPP betreibt, werden die Karten nun allerdings neu gemischt, denn die am häufigsten georderten Produkte sind jetzt ständig in Japan auf Lager. Dies bedeutet zum einen, dass eine Spedition mit dem Schiff aus Singapur völlig ausreicht. Der Transport schlägt für die Trommel ÖLFLEX® mit nur noch 43 Euro zu Buche und sorgt dafür, dass LAPP nun schlagartig konkurrenzfähig zu einheimischen Lieferanten ist. Zum anderen bedeutet das lokale Lager aber auch, dass LAPP kurze Lieferzeiten garantieren kann, denn Bestellungen können in 24 Stunden zum Kunden gebracht werden. Das ist nicht nur in Europa schon lange üblich – gerade in Japan legen die Kunden großen Wert auf schnelle, pünktliche und vollständige Lieferungen.
Ein gefülltes Lager ist aber nur die halbe Miete. Genauso wichtig ist nämlich auch eine gute Organisation. Hier setzt LAPP Japan auf „Hoshin Kanri“ – eine Planungsmethode aus dem Lean-Management. Diese definiert Ziele klar und überprüft sie regelmäßig mit Kennzahlen. Die Methode stammt aus Japan, wird bei LAPP aber mittlerweile weltweit eingesetzt. So konnten dank ihr zum Beispiel die Bestände und Durchlaufzeiten in den Lagern in Ludwigsburg und Hannover jeweils um 20 Prozent reduziert werden.
Erst anfassen, dann bestellen
Derzeit sind in dem Lager zwischen Tokio und Osaka mehr als 1500 Artikel im Wert von rund acht Millionen Euro vorrätig. Einzeladerleitungen werden häufig nachgefragt, besonders UL-zertifizierte Typen, weil viele Kunden ihre Maschinen nach Nordamerika exportieren. „Viele Kunden möchten ein Kabel erst anfassen, bevor sie es bestellen“, stellt Nishiyama dabei fest. Auch das erlaubt das Lager nun, denn Neukunden können problemlos Proben der Produkte zugesandt werden. Neue Services sind außerdem das Zuschneiden der Kabel nach Wunsch. So kann der Kunde selbst Längen von nur einem Meter ordern, sowie einzelne Zubehörteile. Außerdem gibt es nun eine Hotline, besetzt mit Ingenieuren, die selbst knifflige technische Fragen beantworten – selbstverständlich auf Japanisch, denn Hotlines mit Englisch sprechenden Mitarbeitern akzeptieren japanische Kunden nicht.
Mit dem lokalen Lager, günstigeren Preisen und den neuen Services sieht Yoshitaka Nishiyama LAPP in Japan nun gut aufgestellt. Das Ziel dabei ist klar: „Wir wollen schneller wachsen und unseren Marktanteil deutlich erhöhen. Wenn ein Kunde Kabel auswählt, soll er künftig ganz selbstverständlich zuerst an LAPP denken.“