LAPP

Wie ist es gelungen, in diesen schwierigen Zeiten ein solches Wachstum zu erzielen?

Leicht war es nicht. Daher blicken wir mit Stolz auf dieses Umsatzwachstum und ich danke allen Mitarbeitenden, die zu diesem Erfolg beigetragen haben. Denn tatsächlich wären unsere Zahlen noch viel besser. Ohne negative Wechselkurs- und Kupferpreisentwicklung läge unser Wachstum sogar bei plus 8,2 Prozent. Das Geschäftsjahr war davon geprägt, unser Unternehmen noch wetterfester zu machen. Wir haben massiv investiert, um unsere Produktion und Logistik nicht nur resilienter zu machen, sondern auf zukünftiges Wachstum auszurichten sowie unsere Innovationskraft zu stärken. Im Zeitraum der derzeitigen Strategie 2027 wollen wir mehrere hundert Millionen Euro in Produktionskapazitäten, Technologien und Digitalisierung investieren.

Matthias LAPP
Matthias Lapp, Vorstandsvorsitzender der LAPP Gruppe

Investitionen als Wachstumsmotor?

Das ist ein wichtiger Baustein unserer Strategie. Wir investierten im abgelaufenen Geschäftsjahr insgesamt 67 Millionen Euro sehr kräftig in Produktion und Technologien – eine Steigerung um 66 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Wir reagieren damit auf die zunehmende Entkopplung der Märkte, die auf allen Kontinenten deutlich spürbar ist. Unser Ziel ist es, Produktverfügbarkeit und -portfolio für unsere Kunden weiter zu optimieren und wachstumsorientiert aufzustellen. Zwar sind wir schon heute in allen wichtigen Märkten auf der Welt präsent, aber wir müssen unsere Kundennähe noch weiter verbessern. Im Fokus standen daher der Ausbau von chinesischen, indischen und europäischen Produktionsstandorten, die Stärkung der Produktionskapazitäten in Frankreich, Italien und der Schweiz sowie die Erweiterung der Lager- und Logistikflächen in den USA.

Was sind konkrete Beispiele dafür?

Wir eröffneten beispielsweise ein zweites Werk in Shanghai, das auf Datenleitungen und Single Pair Ethernet-Lösungen spezialisiert ist. In Bhopal machen wir unsere Compounds nun selber. Das heißt, wir stellen die benötigten Kunststoffmischungen für die Ummantelung der unserer Marken-Kabel, beispielsweise für die ÖLFLEX® Anschluss- und Steuerleitungen, nun selber her und erhöhen damit unsere Wertschöpfungstiefe. Auch in Mexiko eröffneten wir einen ersten Produktionsstandort.

Vor allem in Mitteleuropa liest man immer mehr von konjunkturellen Problemen. War LAPP davon nicht betroffen?

Doch natürlich. LAPP ist keine Insel der Seligen. Auch wir spüren die schwächelnde Konjunktur, die uns vor allem im zweiten Halbjahr 2023 zu schaffen machte. Durch die Inflation stiegen die Beschaffungspreise gerade beim Rohmaterial, hinzu kamen Kostensteigerungen in der Transportlogistik. Und in Deutschland macht uns die zunehmende Regulierung, die Planungsunsicherheit, die hohen Energiepreise und nicht zuletzt der Fachkräftemangel große Sorgen. Wir setzen daher verstärkt auf Wachstum außerhalb Europas.

In welchen Branchen ergeben sich trotzdem große Chancen für LAPP?

Stark gewachsen ist der Bereich der Elektromobilität. Das Geschäft verzeichnete ein Umsatzplus von rund 35 Prozent. Um das Wachstum mit neuen OEM-Kunden weiter ausbauen zu können, haben wir eine neue Produktionseinheit in Tschechien aufgebaut. Zu den weiteren Wachstumstreibern im vergangenen Jahr zählen Lösungen für das Batteriegeschäft. Unsere Produkte sind zwar nicht in den Batterien selbst verbaut, die Verbindungslösungen werden aber für entsprechende Automatisierungsanlagen in Fabriken und für Energiespeichersysteme eingesetzt. Hier können wir uns über spannende Aufträge in Südkorea und in den USA freuen. Auch unser Geschäft mit Datenlösungen für die Industrielle Kommunikation wuchs signifikant. Treiber ist der Trend zur Fabrikautomatisierung. Allein in der Region APAC erzielten wir hier ein Plus von 20,5 Prozent.

Gibt es schon erste Tendenzen für das laufende Geschäftsjahr 2023/2024?

Aufgrund der anhaltend konjunkturellen Herausforderungen rechnen wir für das laufende Geschäftsjahr, insbesondere in unserem Heimatmarkt DACH, mit einem schwächeren Auftragseingang, dem wir kosten- und absatzseitig aktiv begegnen müssen. Generell ist kein Wachstum für uns keine Alternative. Unser Augenmerk liegt daher weiterhin auf Nordamerika und Asien, aber auch in Europa und im mittleren Osten sehen wir weiterhin Wachstumspotenziale. Wir werden unsere globale Wettbewerbsfähigkeit weiter stärken und für Kunden attraktive Angebote vor Ort schaffen.

Gibt es Anlass zur Sorge?

Nein, LAPP ist ein kerngesundes Unternehmen und wir haben uns für die Herausforderungen der Zukunft gut aufgestellt.

Das abgelaufene Geschäftsjahr war das erste Geschäftsjahr unter Ihrer Verantwortung als Vorstandsvorsitzender. Wie haben Sie das erlebt?

Es war sehr fordernd, aber es hat auch sehr viel Spaß gemacht. Wir haben uns in den letzten Jahren gut aufgestellt, jetzt gilt es die Strategie weiter umzusetzen und sie konsequent weiterzuentwickeln. Ich freue mich, dass ich unser Familienunternehmen als Vorstandsvorsitzender mitgestalten darf. Und ich bin dankbar, dass ich ein so hervorragendes Team habe. Unsere Mitarbeitenden haben viel geleistet – das war großartig.