LAPP

8 Uhr: Arbeitsbeginn in den Donau-Iller Werkstätten in Ulm-Böfingen. Bevor die Mitglieder des Teams an ihre Arbeitsplätze gehen, findet die Morgenbesprechung statt. Dort wird die Aufgabenverteilung festgelegt und über Neuigkeiten informiert. Wer sich nicht gut fühlt, kann sich für eine leichtere Arbeit einteilen lassen. Druck oder gar Akkordarbeit werden versucht zu vermeiden, dafür sorgen der Gruppenleiter Peter Bopp und sein Kollege. Die Mitarbeitenden haben nicht nur die Montage im Auge, sondern vor allem auch die Menschen: sie sind Teamleiter, Förderer und Betreungspersonal zugleich. In Böfingen, sowie an den anderen fünf Standorten der Donau-Iller Werkstätten im Raum Ulm und Neu-Ulm unter der Trägerschaft der Lebenshilfe Donau-Iller, arbeiten rund 1.300 „Klient:innen“ – so werden die Menschen mit geistiger, körperlicher und psychischen Erkrankungen hier genannt.

Eine Klientin ist Frau Tarar, die in ihrem früheren Job in der Altenpflege überfordert und nicht mehr arbeitsfähig war. Seit sechs Jahren ist sie nun in der Werkstatt in Böfingen und dort in der Elektromontage „glücklicher und zufriedener denn je“. Zuvor hat sie in der Hauswirtschaft und in der Verpackung hospitiert, „aber in der Elektromontage gefällt es mir am besten“, sagt sie lächelnd.

Kabelkonfektion für renommierte Kunden

Die Werkstätten arbeiten intensiv mit Unternehmen aus der Region zusammen. Böfingen zum Beispiel hat sich in der Abteilung Elektro auf die Konfektion von Kabeln spezialisiert. Kunden sind unter anderem Hersteller von Wohnmobilen, Industrieschweißanlagen, Kühlaufbauten für LKWs und Materialprüfmaschinen. Viele Kunden lassen hier bereits seit 30 Jahren fertigen und tragen so zu einer gelungenen Inklusion bei. Massenfertigung gibt es in Böfingen nicht. Im Gegensatz zu anderen Einrichtungen, die nur große Stückzahlen liefern, hat sich die Werkstatt auf Kleinstmengen bis maximal tausend Stück spezialisiert.

Die Zusammenarbeit mit LAPP ist fast ebenso alt, sie besteht seit 1996. Der Kontakt kam zustande, weil viele Kunden der Werkstätten aus Gründen der Qualität und Lieferfähigkeit bevorzugt Kabel von LAPP verwenden. „Die Qualität ist auch uns sehr wichtig und deshalb verarbeiten wir gerne Komponenten von LAPP“, sagt ein verantwortlicher Mitarbeitender im Einkauf. Dieser bestellt entweder direkt bei Joachim Hentschel, der als Account Manager bei LAPP die Werkstätten betreut oder die Komponenten werden über die Kunden zur Verfügung gestellt, die diese bei LAPP bestellen. 90 Prozent der Leitungen sind vom Typ ÖLFLEX ® Truck 170 FLRYY, die LAPP in seinem größten Werk, in den Câbleries Lapp in Forbach, Frankreich, produziert.

Die Donau-Iller Werkstätten

Die Donau-Iller Werkstätten gibt es seit 40 Jahren. In den sechs Werkstätten in Neu-Ulm, Illertissen, Senden, Blaustein, Jungingen und Böfingen sind 1.300 Klient:innen beschäftigt, darüber hinaus gibt es 80 Außenarbeitsplätze über das Zentrum für Arbeit und Bildung sowie 40 Mitarbeiter:innen im Inklusionsunternehmen ADIS.

In Böfingen sind aktuell 158 Klient:innen mit psychischen Erkrankungen beschäftigt, die von 48 Angestellten betreut werden. Arbeitsbereiche in Böfingen sind Elektromontage, Hauswirtschaft, Holzverarbeitung, Kabelkonfektion, Metallverarbeitung, Montage und Textilverarbeitung.Etwa ein Dutzend Unternehmen aus der Region sind Kunden, sie beziehen aus der Werkstatt vor allem Kleinstmengen.

Mutter der Donau-Iller Werkstätten ist die Lebenshilfe Donau-Iller, die in der Region Ulm / Neu-Ulm an mehr als 30 Standorten rund 2.500 Menschen mit Behinderung begleitet. Sie bietet ein großes Netz an Beratungs-, Bildungs-, Betreuungs-, Freizeit- und Arbeitsangeboten mit dem Ziel, Inklusion innovativ und menschlich zu gestalten.

Qualität statt Komplexität

Auch für die Klient:innen zahlt sich die Qualität der Kabel von LAPP aus, denn sie erleichtert ihnen die Arbeit ungemein. So sind die einzelnen Adern in den Kabeln immer gleich angeordnet und passen somit perfekt in die Prüfmaschinen, ohne dass vorher Adern sortiert oder mühsam anders angeschnitten werden müssen. An jeder Arbeitsstation und bei jedem Teilschritt prüfen die Klient:innen eigenständig mit eigens angepassten Hilfswerkzeugen mit optischen und akustischen Hilfestellungen die Qualitätskriterien. Ein Klient hat eigenständig eine Krimper-Überwachung programmiert und erscheint dafür jeden Tag freiwillig früher zur Arbeit. „Wir fördern Eigenverantwortung und schulen die Klient:innen so gut, dass sie das Qualitätsmanagement eigenständig durchführen können“, sagt Peter Bopp. Komme es zu Fehlern, sei das nicht die Schuld der Klient:innen. „Dann sind wir als Gruppenleiter in der Verantwortung und müssen die Arbeitsschritte besser erklären.“ Ziel sei es, die Klient:innen so zu schulen, dass ihnen Fehler selbst auffallen oder gar nicht erst auftreten und dass sie aus ihnen lernen.

Werksbesuch bei LAPP

„Kein Klient soll überfordert, aber auch nicht unterfordert werden“, sagt einer der Mitarbeitenden. Den beiden Gruppenleitern für Elektromontage obliege es, die genau passenden Anforderungen für jede Person zu finden, abhängig von der Tagesform. Sie brechen Arbeitspakete in kleine Einzelaufgaben herunter, damit die Klient:innen sie verstehen und genügend Ansporn haben.

Motivationsfördernd ist, wenn die Klient:innen erleben können, wo ihre Arbeit verwendet wird. So waren die 27 Klient:innen aus der Elektromontage bei einer Werksbesichtigung eines Kunden. Auch eine Besichtigung im Kabelwerk von LAPP in Stuttgart, sowie im Lager in Ludwigsburg soll demnächst stattfinden. Für solche Exkursionen und weitere Aktivitäten, wie Schwimmen, Nordic Walking oder Computer- oder Englischkurse steht jeder Klientin und jedem Klienten ein monatliches Stundenkontingent zur Verfügung, das sie frei in die sogenannten arbeitsbegleitenden Angebote investieren können. „Jeder Tag hier ist anders“, lobt Frau Tarar, „ich habe noch längst nicht ausgelernt und kann weiterwachsen.“