LAPP

„Die verstehen, was mir und meinem Unternehmen wichtig ist und helfen mir meine Arbeit schneller und leichter zu erledigen.“ So ein Statement von Kund:innen ist für Unternehmen, die mit Produkten oder Dienstleistungen unterstützen, immer ein besonderes Lob. Es ist Ausdruck dessen, was man mit „Customer Centricity“ meint, zu Deutsch Kundenzentrierung: Ein solches Unternehmen richtet sein Angebotsportfolio nicht danach aus, was es selbst gerade vorantreiben will oder was die Konkurrenz macht, sondern danach, was die Kund:innen brauchen oder wollen. So ein Vorgehen ist unter heutigen Marktbedingungen ein wichtiger Erfolgsfaktor.

Doch in der Umsetzung gibt es vielerorts noch starke Defizite: Während 80 % der Unternehmen meinen, dass sie kundenzentriert agieren, stimmen nur 8 % ihrer Kund:innen dieser Einschätzung zu. „Immer noch bestimmt zu sehr Tech-Push statt Market-Pull das Handeln“, sagt Rainer Simmoleit, Experte für Wettbewerbsfähigkeit und Kundenzentrierung. Als Interims-Vertriebsmanager hat er LAPP, Weltmarktführer für integrierte Lösungen im Bereich der Kabel- und Verbindungstechnologie, dabei unterstützt, das Prinzip der Kundenzentrierung besser zu nutzen, um passende Lösungen für dessen Kund:innen zu entwickeln. Das gemeinsame Vorgehen zeigt: Die Umsetzung funktioniert, wenn man mit den richtigen Schritten beginnt.

Kundenzentrierung ist ein zentraler Erfolgsfaktor – und oft Mangelware

Bei vielen Unternehmen sieht die Realität nach wie vor so aus: Das Kern-Portfolio hat sich seit Jahrzehnten kaum oder nicht verändert. Wenn, dann kommen nur inkrementelle Produktvarianten hinzu; das Ziel liegt meist in der Skalierung bestehender Produkte. „Innovation“ bedeutet vor allem, zu sehen, was der Wettbewerb macht, um ihn dann zu toppen. Vertriebserfolg wird ausschließlich nach Umsatz und Marge gemessen, weswegen sich die Vertriebsmitarbeitenden auf schnelle, umfangreiche Verkäufe konzentrieren, statt ein Verständnis für die Herausforderungen und Prozesse ihrer Kund:innen zu entwickeln – wo bleibt dafür auch die Zeit?

Unter den herausfordernden Bedingungen kompetitiver globaler Märkte lohne sich ein größerer Fokus auf Kundenzentrierung jedoch, sagt Rainer Simmoleit: „Es befriedigt Kundenbedürfnisse sowohl kurzfristig, weil Wünsche schnell und via reibungslose Schnittstellen umgesetzt werden, als auch langfristig, weil die Kund:innen durch ihr Mitwirken an der Entwicklung von Produkten und Services Resultate erhalten, mit denen sie ihr Geschäftsmodell besser umsetzen können. Wer das seinen Kund:innen bietet, hebt sich sofort von seinem Wettbewerb ab.“

Über Dr. Patrick Olivan

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Dr. Patrick Olivan ist als Head of Business Development für das Lösungsgeschäft bei LAPP in Stuttgart tätig. Er hat Maschinenbau an der Universität Stuttgart studiert und im Innovationsmanagement promoviert. Seine Doktorarbeit hat er über das Organisationskonzept Ambidextrie geschrieben – die Fähigkeit von Organisationen, ein effizientes Tagesgeschäft zu betreiben und gleichzeitig innovative Produkte und Lösungen zu finden und zu schaffen.

Kunden- und lösungsorientiert zur Marktreife

Bei LAPP hat Rainer Simmoleit mit dem Team des Innovationsexperten Dr. Patrick Olivan, Head of Business Development, zusammengearbeitet, um Kundenzentrierung noch stärker als bereits bisher im Unternehmen zu verankern. Dr. Patrick Olivan sagt: „Bei LAPP verfolgen wir schon lange das Prinzip der Ambidextrie: Neben einem effizienten Tagesgeschäft ist es uns wichtig, dass alle unserer Mitarbeitenden auch strategisch und innovativ denken und handeln können. Das bedeutet, zusammen mit intensiven Kundenkontakten,  dass wir immer schon lösungs- und kundenorientiert vorgegangen sind – aber mit der externen Unterstützung haben wir noch mehr Systematik reingebracht.“

Dabei steht in erster Linie ein intensiver Kontakt mit Kund:innen, aber auch mit Partnerunternehmen und ggf. Forschungseinrichtungen im Fokus. So erhält das Unternehmen eine fundierte Informationsbasis, die sicherstellt, dass Produkte und Dienstleistungen einen tatsächlichen Nutzen für die Zielgruppe bieten. Mit diesem Prinzip als Hintergrund hat LAPP bereits mehrere konkrete Produkte bis zur Marktreife entwickelt. So stellten zwei Experten von LAPP fest, dass vielen Kund:innen die Möglichkeit fehlte, den Bestand ihrer Kabeltrommeln zu überwachen und zu verwalten. Daraus entsteht hoher manueller Aufwand bei Kontrolle und Nachbestellung sowie das Risiko, dass die Produktion stillsteht, weil das Kabel ausgeht. Als Lösung hat LAPP eKanban entwickelt, ein vernetztes Kabeltrommelregal, das Unternehmen in Echtzeit Daten über den Kabelbestand jeder Trommel liefert und automatisch Kabel nachbestellen kann, sobald eine Mindestmenge unterschritten wird. Ein weiteres Beispiel für eine kundenzentrierte Lösung ist die zeroCM®-Technologie. Ein innovatives Kabeldesign, vermindet Ableitströme und verbessert damit die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) in Maschinen und Anlagen. Statistiken über Maschinenstillstand identifizieren EMV klar als häufige Fehlerursache. Daraus ergibt sich ein hoher Bedarf nach einem verbesserten Leitungsdesign. Genau das entwickelte LAPP im Rahmen des Forschungsprojekts „PEPA“ in Zusammenarbeit mit der TU Darmstadt sowie zahlreichen Forschungspartnern aus der Industrie: Die ÖLFLEX® Servo FD zeroCM.

Über Rainer Simmoleit

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Rainer Simmoleit, Dipl.-Ing. (FH), MBA, unterstützt seit mehr als 30 Jahren internationale Technologieunternehmen dabei, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Als Interim Manager übernimmt er temporär Funktionen im Produktmanagement und Vertrieb mit dem Fokus auf Reorganisation, Turnaround sowie nachhaltiges Wachstum.

www.p4c-consulting.com

Die drei wichtigsten Punkte für echte Kundenzentrierung

Unternehmen, die diesem Beispiel folgen wollen, sollten bzw. Denkprinzipien priorisieren:

  1. Customer Jobshadowing, in dessen Zuge Vertriebsmitarbeitende und Business Developer gemeinsam Kund:innen besuchen und ihnen bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen, um ihre Prozesse, Methoden und Bedürfnisse zu verstehen. Im Vordergrund sollten dabei Abteilungen stehen, die mit dem eigenen Produkt oder der Dienstleistung in direktem Kontakt sind. Meistens stellt sich Innovationspotenzial abseits des eigentlichen Produktes heraus, dass zum Beispiel Produkte umständlich bestellt, gelagert oder verarbeitet werden (wie bei dem Anwendungsfall für die LAPP eKanban Lösung).
  2. Outcome-Driven Innovation (ODI) bzw. Jobs-to-be-done (JTBD):  Diese Innovationsmethoden gehen über Value-Proposition-Mapping oder Design-Thinking und stellen den Nutzen eines Produkts zum Erledigen von Aufgaben (JTBD) und das Erreichen von Ergebnissen bzw. Zielen (ODI) in den Fokus. Durch entsprechende Interviews lassen sich aufgedeckte Probleme validieren und Design-Thinking-Sprints aufsetzen. Hierbei werden die Jobs stärker beleuchtet und die dahinter liegenden Bedürfnisse herausgearbeitet. Perfekt, um die Jobs der Kund:innen stark zu vereinfachen oder zu verbessern.
  3. Customer Market Intelligence: Mit regelmäßigen und systematischen Umfragen durch Vertriebsmitarbeitende im Rahmen des Customer-Relation-Managements lassen sich die identifizierten Probleme aus 1. und 2. sowie aufgestellten Hypothesen kontinuierlich quantifizieren und validieren. Dabei werden in Zusammenarbeit von Innovationsexpert:innen, Vertriebsleitung und Business Development Fragen und Zielgruppen definiert, die dann per CRM automatisch den zuständigen Mitarbeitenden für ihre Vertriebsgespräche zugespielt werden. Auf dieser Basis können Unternehmen ihre Innovations- und Entwicklungsideen und -projekte entsprechend priorisieren und regelmäßig anhand der neuen Erkenntnisse anpassen.

Dem Vertrieb kommt mit seinen besonders zahlreichen Kontaktpunkten zu Kund:innen eine zentrale Rolle zu. Rainer Simmoleit rät Unternehmen: „Vertriebsmitarbeitende und alle anderen Personen mit Kundenkontakt müssen die Zeit und den Freiraum erhalten, diese Kontaktpunkte nicht nur zum Verkauf, sondern auch zum Hinterfragen und Lernen zu nutzen.“ Dr. Patrick Olivan fügt hinzu: „Werden die Erkenntnisse sortiert und geclustert und den Innovations- und Fachabteilungen übergeben, so ist garantiert, dass Verbesserungen oder neue Produkte und Dienstleistungen voll auf den Marktbedarf einzahlen werden. Und die Erkenntnisse über die Kundenbedürfnisse müssen von den Unternehmen als das begriffen werden, was sie sind: eines der wertvollsten Güter auf dem Weg zu echter Kundenzentrierung und damit zu nachhaltigem wirtschaftlichen Erfolg.“

Weiterführende Informationen:

Olivan, P., Höft, A., Duwe, J. (2023). Ambidextrie: Organisation, Prozesse, Führung. In: Riedel, O., Hölzle, K., Schlund, S. (eds) Handbuch Unternehmensorganisation. Springer Vieweg, Berlin, Heidelberg.

Simmoleit, R. (2022). Mit Customer Centricity zur kundenorientierten Produktentwicklung. In: Buchenau, P. (eds) Chefsache Strategisches Vertriebsmanagement. Chefsache. Springer Gabler, Wiesbaden.

https://hbr.org/2002/01/turn-customer-input-into-innovation