Was genau ist eigentlich Design Thinking und warum ist es für LAPP ein wichtiges Thema?
Luisa Di Rosso: Design Thinking ist eine Methode, innovative Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, die den Bedürfnissen der jeweiligen Zielgruppe tatsächlich entsprechen. Das erreicht sie durch eine strukturierte Vorgehensweise: Man identifiziert ein reales Kundenproblem, entwickelt durch geeignete Kreativitätsmethoden erlebbare Prototypen für eine Lösung und lässt diese durch potenzielle Nutzende bereits frühzeitig testen und bewerten. Das Feedback wird genutzt, um Prototypen anzupassen, bis ein Produkt das identifizierte Kundenproblem löst. Dabei hilft interdisziplinäres Arbeiten, um von Anfang an möglichst viele Aspekte mitdenken zu können. Ganz wichtig ist eine gute Lernkultur, denn wer früh Prototypen testen lässt, riskiert auch, damit zu scheitern. Aber das ist eine wesentliche Voraussetzung, um am Ende zum Erfolg zu kommen.
Freya Stonawski: Für uns ist Design Thinking wichtig, weil Innovation als einer der vier zentralen Unternehmenswerte fest in der Kultur von LAPP verankert ist. Dabei zählt für uns in erster Linie, was auf dem Markt tatsächlich gewünscht und erforderlich ist – diese Kundenfokussierung haben wir auch als zentralen Erfolgsfaktor in unserer Strategie 2027 festgelegt. Die Globalisierung und die rasant steigenden Erwartungen der Märkte bei Produktlebenszyklen und Individualisierung sind dabei durchaus Herausforderungen. Bei LAPP gehen wir diese durch Ansätze wie Innovation-for-Future oder Design Thinking proaktiv an.
Wie implementiert man so einen Ansatz in einem Unternehmen wie LAPP?
Freya Stonawski: Mir ist wichtig zu betonen, dass Design Thinking kein Workshop und auch kein Kreativitätstrick ist. In einem Workshop oder Meeting fällt öfter mal die Äußerung: Lasst uns doch Design Thinking machen.
Design Thinking packt man aber nicht eben mal aus und dann wieder ein. Es ist eine Art zu denken und eine Methodik, wie wir an Herausforderungen in der Entwicklung von Produkten und Services herangehen. Deshalb ist es unser Ziel, kunden- bzw. allgemein menschenzentriertes Denken grundlegend im alltäglichen Arbeiten zu integrieren und unseren Mitarbeitenden regelmäßig die Plattform für das interdisziplinäre Arbeiten zu bieten, das für Design Thinking Voraussetzung ist. Das erfordert auch eine andere Art von Schulung, weshalb wir derzeit neue Konzepte entwickeln. Zentral ist dabei auch der Aspekt der Empathie, um sich in die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen hineinzudenken, für die wir unsere Produkte und Services entwickeln.
Welchen Stand hat Design Thinking bei LAPP bereits erreichen können?
Luisa Di Rosso: Das zu analysieren, war ein wesentlicher Teil meiner Projektarbeit. Das erste Design-Thinking Projekt gab es bei LAPP bereits 2017, weitere folgten, und seitdem hat sich die Methode punktuell bereits verbreitet. Es gab positive Rückmeldungen von den Teilnehmenden bzgl. des kundenfokussierten Denkens, was den Mehrwert von Design Thinking für LAPP zeigt. Mit dem Innovation-for-Future-Prozess hat LAPP zudem eine gute Ergänzung, wo wir ebenfalls nach der Methode des Design Thinkings arbeiten. Dadurch hat sich auch die agile Arbeitskultur bei LAPP weiterentwickelt.
Wie genau kommt bei dieser Methode der Kunde mit seinen Bedürfnissen in den Fokus?
Freya Stonawski: Das startet oft ganz klassisch mit einer Recherche im Netz, aber auch im Gespräch mit anderen Mitarbeitenden, die spezifisches Wissen über die Zielgruppe haben. Dadurch kann man sich einen kleinen Pool aufbauen mit Erfahrungsberichten, Fotos, Eindrücken, Personas, die uns einen ersten Eindruck von den Kundengruppe geben. In Gesprächen mit Personen aus der Zielgruppe holen Mitarbeitende im Sales, Innovationsmanagement, Produktmanagement oder in der Logistik direkt Feedback zum laufenden Projekt ein. Zentraler Bestandteil ist hier auch ein Besuch bei den Kund:innen, denn live und in Farbe ist durch nichts zu ersetzen. Eine weitere Option ist für uns das futureLab, wo wir im Rahmen einer Messe Interessent:innen unsere Prototypen vorstellen, um ihre Rückmeldung zu erhalten. So lassen sich auch Teilnehmende für Pilotprojekte akquirieren.
Hat Design Thinking bei LAPP schon zu konkreten Produkten geführt?
Freya Stonawski: Ja, die Methode spielte zum Beispiel bei der Entwicklung von ETHERLINE® GUARD, einem Überwachungsgerät für Datenleitungen eine zentrale Rolle. Wir haben das Konzept für die vorausschauende Wartung beim futureLab auf der Hannover Messe 2019 in einem frühen Entwicklungsstadium präsentiert und Rückmeldungen eingeholt. Dieses Feedback war für uns ein zentraler Orientierungspunkt für unsere nächsten Schritte. 2020 haben wir dann die Lösung in Pilotprojekten bei drei Kund:innen aus der Medizintechnik, Automotive und Intralogistik sowie beim Dienstleistungs- und Logistikzentrum von LAPP in Ludwigsburg in der Praxis getestet. Unser Entwicklungsteam hat so wertvolle Erkenntnisse gewonnen, zum Beispiel wie und warum Abnutzung bei Datenleitungen in der realen Anwendung passiert oder dass viele unserer Kund:innen sich eher eine verdrahtete als eine kabellose Lösung wünschen. Auf diese Weise haben wir ein Produkt auf den Markt gebracht, das von Anfang an auf die tatsächlichen Bedürfnisse des Markts optimal abgestimmt war.
Hat Design Thinking nur Vorteile? Oder gibt es auch Risiken?
Luisa Di Rosso: Es gibt dazu viele Untersuchungen. Generell kann man sagen, dass dieser Innovationsansatz zunächst mal viele Vorteile hat. Der Hauptvorteil ist, dass er eine kundenzentrierte und interaktive Vorgehensweise vorgibt, die den nutzenden Menschen in den Mittelpunkt der Entwicklung stellt und dadurch Produkte und Services entstehen, die tatsächlich gebraucht und gewollt werden. Er bricht zudem das Silodenken in Unternehmen auf, bringt mehr Perspektiven ins Spiel durch die Zusammenarbeit über Abteilungs- und Hierarchiegrenzen sowie Altersgruppen hinweg. Es ist für viele Unternehmen aber eine Herausforderung, so mutig zu sein, mit unfertigen Prototypen an die Öffentlichkeit zu gehen. Das erfordert oft einen Mentalitätswandel. Und wichtig ist neben dem Kundenfokus, die Rentabilität nicht aus dem Blick zu verlieren und daran zu denken, dass es unterschiedliche Kundentypen gibt – man sollte sich dabei nicht nur auf einen fokussieren und seine Lösungen zu spezifisch zu gestalten.
Freya Stonawski: Das muss man tatsächlich bedenken. Bei uns fügt sich Design Thinking daher auch in eine ganze Reihe von Methodenwerkzeugen für die Innovation ein. Und man muss natürlich auch auf die Komplexität einer Fragestellung schauen, um darauffolgend die passende Methode anwenden. Aber um Kundenwünsche auch in Zukunft optimal bedienen zu können, braucht es einfach mehrere und neue Optionen, um Innovation zu treiben. Bei LAPP pushen wir alles, was unsere Innovationen vorantreibt. Design Thinking gehört dazu.
Vielen Dank für die spannenden Eindrücke zu Design Thinking bei LAPP.
Video: © LAPP: Gespannt wie Innovation bei LAPP funktioniert?