Frau Martinez, heute wird viel über „New Work“ geredet. Wie hat sich für Sie als global Verantwortliche für Personalentwicklung und Lernen die Personalarbeit verändert – was ist neu?
Ich brenne für diesen Beruf. Schon gleich nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften bin ich in den HR-Bereich eingestiegen und dieser Entscheidung in wechselnden Positionen treu geblieben. Mitarbeitende zu fördern, heißt immer: auf die Zukunft vorbereiten. Ich denke ohne Angst an morgen, weil ich meine Fähigkeiten und Potenziale kenne – das gleiche soll für unsere Mitarbeitenden gelten. Neu ist aktuell eigentlich nur, dass die digitale Transformation den Wandel beschleunigt hat und wir deshalb andere Fähigkeiten in den Mittelpunkt stellen müssen. Darüber hinaus zwingt uns die digitale Transformation und der damit verbundene Wandel auch in der Personalentwicklung Prozesse und Instrumente zu überdenken.
Wie sieht Personalentwicklung bei LAPP konkret aus?
Grundsätzlich wollen wir die besten Mitarbeitenden der Branche bei LAPP beschäftigen und halten, deshalb haben wir bereits seit Jahren unsere Best People in Business Initiative ins Leben gerufen. Dabei steht neben dem Mitarbeiter selbst natürlich der Kunde im Mittelpunkt. Wir glauben, dass unsere Mitarbeitenden beim Kunden einen wichtigen Unterschied zu unseren Wettbewerbern machen. Ein großes Thema, wenn es um die Vorbereitung auf die Zukunft geht – neben dem Thema Kompetenzmanagement und Upskilling das quasi ein Dauerthema ist – ist die persönliche Entwicklung unserer Mitarbeitenden und die beginnt immer mit Reflektion. Deshalb ist eines unserer ehrgeizigsten Projekte auch das Digital Development Center. Mitarbeitende, die eine Potenzialaussage ihrer Führungskraft erhalten, können an einem mehrtägigen Development Center in digitaler Form teilnehmen.
Im Rahmen des digital Development Centers erhält die Mitarbeiterin oder der der Mitarbeiter einen ausführlichen Bericht mit Feedback aus unserem Top Management sowie eine Empfehlung für eine potenzielle Karrierelaufbahn bei uns im Unternehmen. Die dazu passenden Entwicklungsmaßnahmen werden dann im Nachgang absolviert, einiges kann der Mitarbeitende auch direkt im Development Center schon ausprobieren und umsetzen. Ein wichtiger Bestandteil des Development Centers ist nämlich die Feedbackumsetzung.
Können Sie das erklären: Wie kann man sich diese „Kaderauswahl“ bei LAPP vorstellen?
Es ist ein Format über mehrere Tage hinweg, bei dem Kandidatinnen und Kandidaten in Einzel- und Gruppenübungen im Spotlight stehen. Als Beobachter sind Vorstandsmitglieder, regionale CEOs oder Geschäftsführer an Bord und geben den Teilnehmenden immer wieder aber insbesondere im Nachgang ein dezidiertes und ganz individuelles Feedback. Die Teilnehmer erhalten einen mehrseitigen Bericht, der immer wieder für die eigene Entwicklung herangezogen werden kann. Das ist ein sehr zeitintensives und anregendes Format, in das unsere Teilnehmenden und auch die Beobachtenden viel investieren. Dafür gibt es einige Regeln: Zum Beispiel weisen wir an, die eigene Kamera während des Development Centers auszuschalten. Sich selbst permanent im Spiegel zu sehen, ist unnatürlich und bringt viele aus der Ruhe. Wenn die eigene Kamera nicht ständig überträgt und auch die Beobachter in den Übungen ihre Kamera ausschalten, vergessen die Teilnehmenden irgendwann, dass sie beobachtet werden – genau das wollen wir und das haben wir auch als Feedback erhalten. Das ist ein großer Vorteil der digitalen Durchführung. Wir möchten unsere Mitarbeitenden erleben, wie sie sind und nicht ein Abbild dessen, was eventuell erwartet werden könnte.
Das Format lief bereits digital ab – und soll auch post-corona so bleiben?
Bislang hatten wir bereits sechs Durchführungen, davon drei in digitaler Form. Wir starteten 2019 noch in Präsenz. Die Idee des digitalen Formats hatten wir dabei schon angedacht – aber 2020, als uns die Pandemie einholte, wurde der Gedanke sehr schnell Wirklichkeit. Wir wollten, dass es weitergeht, denn diese Art von Programmen sind zukunftsentscheidend sowohl für unsere Mitarbeitenden als auch für das Unternehmen. Nur wer seine Stärken und Entwicklungsfelder genau kennt, kann Veränderungen zu den eigenen Gunsten nutzen. So entsteht ein Selbstbewusstsein für die Zukunft: Wir möchten, dass unsere Mitarbeitenden als Beraterinnen und Berater auf Augenhöhe fungieren können – dazu gehört, mit Veränderungen und Wandel umgehen zu können. Auch wir im HR-Team wurden so während der Pandemie in unserer Wandlungsfähigkeit geprüft.
Und HR braucht Digitalisierung?
Auf jeden Fall! Meiner Meinung nach muss HR ein Vorreiter im Umgang mit den digitalen Medien sein. Digitales Arbeiten ist längst ein Standard – und für ein internationales Unternehmen wie LAPP erst recht. Als deutscher Mittelständler sind wir mit der Fülle an digitalen Formaten in der Personalentwicklung vorreitend. Dieses Jahr haben wir erstmals fünf neue Ausbildungsberufe ins Leben gerufen, die digitale Kompetenzen zum Schwerpunkt haben. Mit Matthias Lapp, der in der dritten Generation der Familie Lapp nun die Unternehmensspitze bildet, habe ich schon 2012 das LAPP Intranet aufgesetzt. Schon damals haben wir uns für eine kollaborative Lösung entschieden. Das war 2012 keineswegs Standard bei Mittelständlern. Das Beispiel veranschaulicht unsere Denke bei LAPP. Wir sind überzeugt, dass die VUCA Welt uns viel abverlangt, wir stellen uns aber selbstbewusst den Herausforderungen.
Ist die Entwicklung der Mitarbeitenden bei LAPP auch „Chefsache“?
Natürlich haben wir die volle Unterstützung des Vorstands. Ich berichte direkt an den Vorstandsvorsitzenden, an Herrn Andreas Lapp. Allein dieser Sachverhalt zeigt deutlich, wie wichtig das Thema Personalentwicklung im Unternehmen ist. Aber eigentlich sind es die Mitarbeitenden, die Chefsache sind bei LAPP. Das ist es auch, was mich persönlich als Mitarbeiterin bei LAPP antreibt und motiviert. Bei LAPP kommen Menschen zusammen, die sich selbst und das Unternehmen langfristig weiterentwickeln wollen. Davon sind mein Team und ich nur ein kleiner Teil. Jedes einzelne Team im Unternehmen entwickelt sich ständig weiter und überrascht mit neuen Lösungen. Das liegt am Drive, der bei LAPP herrscht und an einer Gründerfamilie, der schon immer wichtig war, etwas Neues zu wagen – und keine Angst vor der Zukunft zu haben. Dieser Geist weht von den Anfängen an in dem Unternehmen. Sonst wären wir 70 Jahre nach der Gründung nicht Weltmarktführer für Verbindungslösungen. Das geht nur, wenn ein Unternehmen nie stillsteht, sondern stets den nächsten Schritt denkt. Es geht um’s Anpacken, damit wir alle unserer Zukunft selbstbewusst entgegenschauen und unser Berufsleben gestalten können. Ich selbst blicke optimistisch in die Zukunft – und sehe diese Zuversicht auch bei unseren Mitarbeitenden.